„Was schmier ich mir hier eigentlich jeden Tag in die Haare und auf die Kopfhaut?“, fragte ich mich eines Tages, drehte die Shampooflasche um und merkte, wie sich mit jedem Wort, das ich versuchte, gedanklich auszusprechen, ein Knoten in meinem Hirn bildete, der sich immer weiter zuzog. Was zur Hölle soll das sein? Wozu ist das gut? Und wie zum Geier spricht man das aus?
Erste Abhilfe schaffte mir Codecheck. Ich gab ein Produkt in die Suchleiste ein und mir wurden alle Inhaltsstoffe aufgeschlüsselt. Inklusive Wirkung und (Nicht-)Funktion. Das Resultat:
Ich hatte mir über Jahre hinweg Substanzen auf den Kopf gekippt, die die Haut durchlässig machen, meinen Hormonhaushalt verändern und meine Haare so abdichten, dass sie überhaupt keine Pflege mehr aufnehmen können. Und Erdöl. Jede Menge Erdöl.
Nachdem ich den ersten Brechreiz überwunden hatte, habe ich alle Shampoo-, Spülungs- und Conditionerflaschen entsorgt und durch Naturkosmetik ersetzt. Nachdem sich irgendwann das Silikon rausgewaschen hatte, kam der wahre Stroh-Zustand meiner Haare zum Vorschein und es begann eine Zeit, in der ich meistens nur mit Dutt anzutreffen war. Der Schritt zur natürlichen Haarpflege war ein guter, aber noch nicht ganz ausgereift, denn:
- Meine Haare vertrugen den Alkohol, der in den meisten Naturkosmetik-Shampoos zum Konservieren benutzt wird, nicht. Er machte sie noch strohiger und meine Kopfhaut wurde fürchterlich trocken.
- Ich produzierte immer noch jede Menge Plastikmüll, denn, je länger meine Haare wurden, umso mehr Shampoo musste ich auch kaufen.
Also wurde es Zeit, sich nach Alternativen umzuschauen und ich begann, wie eine Bekloppte, zu experimentieren. Zuerst mit Haarseife, dann mit Waschkräutern und die Reise ist noch nicht zu Ende. Ich möchte dir einige Alternativen zum herkömmlichen Shampoo aus der Flasche vorstellen – mit Vor- und Nachteilen und allem Drum und Dran. Vielleicht musst du dann nicht so viel ausprobieren, wie ich.
Festes Shampoo (Shampoo Bars)
Warum für ein mit Wasser verdünntest Produkt bezahlen, wenn man doch auch das Konzentrat davon kaufen und zu Hause mit Wasser aus der Leitung vermischen kann? Shampoo Bars sind nicht nur ökologischer, sondern auch ökonomischer als flüssiges Shampoo. Man braucht nur ganz wenig davon, da es sich, wie bereits erwähnt, um ein Konzentrat handelt, weswegen es äußerst ergiebig ist. Beim richtigen Anbieter bezogen, kommt es auch ganz ohne Verpackungsmüll daher. Du bekommst festes Shampoo zum Beispiel in Unverpackt-Läden und bei Seifenmanufakturen, wie Sauberkunst, Soaparella und Wolkenseifen.
Die Anwendung ist super einfach: Haare nass machen, Shampoo Bar zwischen den nassen Händen, oder über den Kopf reiben, verteilen, bis es gut schäumt, ausspülen, fertig. Du solltest dabei aber darauf achten, nicht zu viel zu benutzen, da es durch die hohe Konzentration der Tenside (Waschsubstanzen) die Kopfhaut austrocknen, oder reizen kann. Ich habe nach einer zu ausgiebigen Nutzung z.B. mal Schuppen bekommen.
Vorteile:
- sehr ergiebig
- einfach in der Handhabung
- verpackungsfrei
Nachteile:
- muss sparsam dosiert werden, da ansonsten austrocknend
- relativ teuer (je nach Größe und Hersteller zwischen 5 und 12 Euro)
Haarseife
Haarseife und festes Shampoo werden aufgrund ähnlicher Bezeichnungen gerne mal verwechselt, sind aber tatsächlich zwei komplett unterschiedliche Produkte. Haarseife besteht (im Idealfall) aus reinen Pflanzenölen, die mit Natriumhydroxid (NAOH) verseift wurden. Aufgrund der Öle, die in Teilen nicht verseift wurden, sind diese Seifen sehr pflegend und haben eine rückfettende Wirkung auf die Kopfhaut.
Die Anwendung ist allerdings nicht ganz so einfach, wie beim festen Shampoo. Der Kopf muss zunächst richtig dick eingeschäumt werden (wirklich, du brauchst einen Berg aus Schaum auf dem Kopf) und anschließend heißt es: ausspülen, ausspülen und nochmals ausspülen. Es dürfen keine Seifenreste mehr im Haar sein. In den meisten Fällen muss man anschließend nochmal mit einer Mischung aus Essig und Wasser (ca. 1El auf 1L) nachspülen, um wirklich alle Seifenreste auszuspülen und die Haarstruktur wieder zu schließen.
Klingt super anstrengend, aber die Mühe lohnt sich. Meine Haare sind nach der Wäsche mit Seife so toll, wie sonst nie. Bis jetzt zumindest.
Vorteile
- (meist) verpackungsfrei
- mit ein wenig Übung bekommt man richtig tolle Haare
- pflegend (bei den meisten Seifen hat man Shampoo und Conditioner in Einem)
Nachteile
- Handhabung erfordert etwas Übung und Geduld
- wenig ergiebig (bei langen/ vielen Haaren reicht eine Seife nicht so sehr lange)
- je nach Shop immer noch recht teuer
Indische Waschkräuter
Es gibt von Amla verschiedene Waschkräuter aus Indien zu kaufen. Diese enthalten Saponine, welche die Haare auf sehr schonende Weise pflegen. Die Waschwirkung der Kräuter ist toll, dennoch haben sie einige entscheidende Nachteile. Der größte, wegen dem ich dir vom Kauf auch abraten möchte, ist, dass diese Produkte erst aus Indien eingeflogen werden müssen. Sie haben also einen ewig langen Weg hinter sich und schlagen sich somit nicht gerade positiv auf die Ökobilanz nieder.
Dafür gibt es aber eine großartige regionale Alternative:
Roggenmehl
Ja, man kann sich mit Mehl die Haare waschen. Dabei ist es aber EXTREM wichtig, darauf zu achten, dass du auch wirklich ROGGENmehl benutzt. Ich habe schon Stories von Leuten gehört, die sich Weizenmehl auf den Kopf gepackt haben und hinterher ihre Haare nicht mehr auseinander bekommen haben. Also: Roggen. Nichts anderes.
Die Anwendung ist unkompliziert: Man rührt das Mehl mit etwas warmem Wasser zu einer Pampe an, die in etwa die Konsistenz von Shampoo hat und trägt diese auf die nassen Haare auf. Kurz einwirklichen lassen, gründlich ausspülen, fertig. Wer mag, macht hinterher noch eine Essigspülung.
Vorteile
- regional
- super günstig
- wenig bis keine Verpackung
- unkomplizierte Anwendung
Nachteile
- Bei dichtem, leicht lockigem Haar (also meinem) bleiben kleine Krümel des Mehls auch nach gründlichem Ausspülen in den Haaren hängen. Die lassen sich in trockenem Zustand zwar ausbürsten, sehen aber erstmal aus, wie Schuppen.
Indische Waschnüsse
Setzt man einen Sud aus Waschnüssen an, kann man diesen wie ein (sehr) flüssiges Shampoo benutzen. Auch die Nüsse enthalten nämlich Saponine, die deinen Kopf schonend sauber kriegen. Wie bei den Waschkräutern ist es jedoch leider so, dass die Nüsse aus Indien stammen. Der Export macht die Nüsse für die Einheimischen so teuer, dass diese auf chemische Reinigungsmittel umsteigen müssen, um ihre Wäsche auf erschwingliche Weise sauber zu bekommen. Das ist ziemlich fies und deshalb empfehle ich dir unsere regionale Alternative:
Kastanien
Sie haben gerade Saison, also auf nach draußen, Kastanien sammeln! Zur Shampoogewinnung schneidest du sie einfach klein (oder packst sie kurz in den Mixer) und übergießt sie mit heißem Wasser. Das ganze lässt du mindestens zwei Stunden, am besten aber über Nacht, stehen, seihst es ab und hast ein wunderbares flüssiges Shampoo. Eine genauere Anleitung dazu hat Erbse auf ihrem veganen Beauty Blog geschrieben.
Vorteile
- Kastanien sind umsonst. Du erhältst also ein Gratis-Shampoo.
- einfache Herstellung und Anwendung
- regional, verpackungsfrei, super umweltfreundlich, was willst du mehr?
- Die Kastanien-Brühe eignet sich auch super als Waschmittel für deine Klamotten.
Nachteile
- Die Anwendung erfordert ein wenig Übung, aber das ist ja irgendwie bei allem Neuen so. 🙂
Bis auf die Kastanien habe ich alle diese Alternativen schon über einen mehr, oder weniger langen Zeitraum hinweg ausprobiert. Je nach Lust und Laune und wechsle ich auch gerne mal durch. Im Moment bekommen meine Haare einen Mix aus festem Shampoo (wenn’s schnell gehen muss), Haarseife und den einsamen Resten aus alten Shampooflaschen.
Es braucht eine Weile, bis man sich an die neuen Formen der Haarwäsche gewöhnt hat, aber lohnt sich durchaus, das flüssige Shampoo stehen zu lassen und stattdessen auf müllfreie, natürliche Alternativen umzusteigen. Deine Haare und Kopfhaut werden es dir danken, auch wenn es etwas länger dauert, bis du die passende Haarwäsche für dich gefunden hast.
So, ich geh jetzt Kastanien sammeln.